Mikroben können ihren Bedarf an Nickel senken
Die Anpassungsfähigkeit methanbildender Archaeen an nährstoffarme Lebensräume ist größer als bislang angenommen

Auf den Punkt gebracht
- Einfluss auf Klima: Methanogene Archaeen sind die Hauptproduzenten von natürlich vorkommendem Methan. In natürlichen Lebensräumen ist die Nickelverfügbarkeit oft sehr gering.
- Mikroben: Methanogene Archaeen können ihren Nickelbedarf senken und zeigen eine hohe Anpassungsfähigkeit an nährstoffarme Lebensräume. Diese Anpassung ist wichtig für das Verständnis ihrer Rolle im globalen Klima.
- Alternative Enzymsysteme: Die Studie zeigt, dass methanogene Archaeen unter nährstoffarmen Bedingungen ein nickelfreies Enzymsystem nutzen, das die Funktionen der Nickel-haltigen Enzyme ersetzt. Diese Erkenntnis widerspricht der bisherigen Annahme, dass nickelhaltige Hydrogenasen die einzigen funktionierenden Enzyme in methanogenen Mikroben sind.
Metalle spielen eine entscheidende Rolle in der mikrobiellen Biokatalyse, indem sie als Cofaktoren für Enzyme fungieren. Metallionen wie Nickel und Eisen befinden sich häufig an der aktiven Stelle der Enzyme, wo sie den Elektronentransfer und somit die Umwandlung von Substraten ermöglichen.
Frühere Studien haben gezeigt, dass methanogene Archaeen, die von Wasserstoff (H₂) leben, auf [NiFe]-Hydrogenasen angewiesen sind und daher Eisen (Fe) und Nickel (Ni) benötigen. Im Rahmen der Methanbildung wandeln diese Enzyme Wasserstoffgas in Methan um. Dabei nutzen sie einen wichtigen Prozess der Elektronenübertragung, die flavinbasierte Elektronenbifurkationsreaktion (FBEB). Diese Schlüsselreaktion, die den Mikroben eine effiziente Energienutzung ermöglicht, wurde von den Marburger Forschern Rolf Thauer und Wolfgang Buckel entdeckt.
Natürliche Lebensräume sind arm an Nickel
Allerdings wurde der Weg bei methanogenen Mikroorganismen identifiziert, die aus natürlichen Umgebungen isoliert und in Labormedien kultiviert - mit einer 100-mal höheren Nickelionenkonzentration als in der Natur. Dort sind die Lebensräume in der Regel streng nährstofflimitiert. Tatsächlich stellt man in Meeres- und Süßwasserumgebungen nur sehr geringe Konzentrationen an bioverfügbaren Metallionen fest. Kann Methan auch unter diesen Bedingungen entstehen, und wenn ja, wie? Um diese Frage zu klären, untersuchte ein Forschungsteam unter der Leitung von Seigo Shima am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie die Methanbildung unter nährstoffarmen Bedingungen.
„Wir waren überrascht, dass die Konzentration der [NiFe]-Hydrogenasen in diesen methanogenen Archaeen nahezu null betrug“, sagt Shunsuke Nomura, Hauptautor der Studie. Stattdessen schien der Stoffwechselweg vollständig durch ein nickelfreies Enzymsystem ersetzt worden zu sein. Bonnie Murphy vom Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt erläutert: „Die Kryo-EM-Untersuchung zeigte eine komplexe Enzymstruktur ohne Nickel. Diese kann als Elektronenlieferant für die FBEB-Reaktion im methanogenen Stoffwechselweg fungieren und die [NiFe]-Hydrogenasen ersetzen.“
Eine vergleichende Genomanalyse deutet darauf hin, dass dieser neuartige Methanstoffwechsel in der Natur weit verbreitet ist und Organismen dabei helfen könnte, sich an ihre Umgebung anzupassen und ohne Nickel zu überleben.
Enzyme und der Klimawandel
„Nach gängigen Lehrbüchern sind nickelhaltige Hydrogenasen die einzigen funktionierenden Hydrogenasen in methanogenen Mikroben. Unsere Ergebnisse zeigen, dass dies nicht zutrifft. Das vollständige Verschwinden und der Ersatz des nickelhaltigen Hydrogenase-Enzyms stellt also einen bedeutenden Paradigmenwechsel dar. Es erweitert unser Verständnis des Methan-Stoffwechsels in der Natur“, sagt Seigo Shima. Dies sei besonders erstaunlich, da nickelhaltige und nicht-nickelhaltige Hydrogenasen nicht miteinander verwandt sind. Sie weisen unterschiedliche Proteinstrukturen, aktive Stellen, Reaktionsmechanismen und Hemmstoffempfindlichkeiten auf.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung des Verständnisses physiologischer Reaktionen von Mikroorganismen in verschiedenen Umgebungen, da ihre Aktivität erheblich zu den Treibhausgaskonzentrationen beiträgt. Mit der weiteren Erforschung dieses alternativen Stoffwechselwegs hoffen die Forschenden, wirksamere Strategien zur Verringerung der Auswirkungen von Methan auf das globale Klima zu entwickeln.